Endlich Montag – Besuch in der Beletage

Endlich Montag – Besuch in der Beletage

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Paris, 16. Juli 1975. Als uns ein langjähriger Mandant darum bat, unser Büro am heutigen Mittwoch gegen den großen Auktionssaal im Hôtel Drouot einzutauschen, haben wir dankend angenommen. Unser Freund – dessen Name hier natürlich unerwähnt bleibt – hat eine Schwäche für französische Impressionisten. Wir teilen diese Schwäche durchaus, weshalb er uns offenbar die Freude machen wollte, eines der zum Verkauf stehenden – wohl weltberühmten – Gemälde kommissarisch zu erwerben. Unser Blick entglitt für einen kleinen Moment – geprägt von der Sorge um unser nächstes Monatsgehalt, das ein neuer Anzug verschlingen würde, der uns erlaubt, diese ehrwürdige Auktionsstätte zu betreten. Doch unser alter Freund versicherte uns, dass wir uns um diese außergewöhnlichen Unkosten keine Sorgen machen müssten.

So verlassen wir das Haus heute ausnahmsweise in Richtung Osten und setzen unsere Sonnenbrille auf. Erst jetzt spüren wir, dass wir genau die richtige Anzugwahl getroffen haben. Der mittelgraue Schurwoll-Stoff von Loro Piana hat einen herrlich vornehmen Glanz und der typische 'Sprung' lässt das Tuch seidengleich fallen. Das federleichte 170's-Gewebe ist kaum spürbar auf der Haut. So können wir, trotz der hohen Temperaturen, unser geliebtes doppelreihiges Modell wählen. Drei große Pattentaschen und zwei hohe Schlitze unterstreichen die eng sitzende Taille. Das breite und lange Revers betont unsere Schultern genauso wie der hohe Schulterabschluss. Die lange Jacke bildet den unteren Teil des berühmten Sanduhren-Schnitts. Ein athletischer, selbstbewusster Auftritt gelingt so von allein. Die Hose bekommt doppelte nach vorne gerichtete Bundfalten und kräftige Umschläge. Ein Anzug, der luxuriös und elegant aussieht.

Loro Piana Super 170's Schurwoll-Stoff, 260g/m

Für unseren heutigen Ausflug in die Beletage der Kunstwelt können wir uns, aufgrund der Formalität eines zweireihigen grauen Anzugs, viel Farbe erlauben. Die blauen Doppelstreifen des Anzugtuchs sind ein erstes, feines Detail. Das apfelgrüne Pastell unseres Hemdes von Caccioppoli passt hervorragend dazu. Da es aus Batist ist, ist es außerdem sehr leicht und bestens geeignet für hohe Temperaturen. Dazu eine rosafarbene Krawatte aus schwerer Seide mit einem dezent floralen Muster. Diese Farbkombination möchten wir in den Sommermonaten zu nahezu jeder Gelegenheit tragen. Sie ist fröhlich und wirkt vor dem nüchternen Hintergrund des grauen Nadelstreifenanzugs besonders gut. Ein beiläufiger Blick in die Schaufenster der Pariser Modeketten überrascht uns zudem mit vergleichbaren Farbexperimenten. Nichts, was die Treue zu unserem Schneider auf die Probe stellt – aber dennoch schön.

Apfelgrüner Batist von Caccioppoli

Im Auktionssaal angekommen tauchen wir in unserem grauen Anzug fast unter und probieren, mögliche Konkurrenten um unser Objekt der Begierde zu erkennen. Der weiße Kragen unseres Hemdes und die ebenfalls weißen Umschlagmanschetten verpacken dabei unsere Farbenfreude hervorragend. Darüber hinaus spiegeln wir die diskrete Atmosphäre mit der Wahl unseres langen Zee-Jerman-Kragens. Dies mag auf den ersten Blick vielleicht widersprüchlich erscheinen, aber der lange weiße Kragen lässt das Grün des Hemdes nur noch als Farbtupfer zum Vorschein kommen. 

Nach stundenlangem Smalltalk, bei dem unsere relativ oberflächlichen Kunstkenntnisse glücklicherweise nicht aufgefallen sind und wir uns wieder einmal auf unsere schwarzen Oxfords aus dem Atelier von Leonard Kahlcke verlassen konnten, taucht es dann endlich auf. Schnell den Arm hoch zum Gebot. Wir bieten – wie vereinbart – und gewinnen tatsächlich bei zweieinhalb Millionen Francs. Welch ein Erfolg! Auf dem Rückweg erwischen wir uns bei dem Gedanken, ob wir nicht doch einen Karriereabzweig nehmen könnten, der uns häufiger solche Tage beschert. JoLo/MM/YS

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