Herr Lush träumt.
...Ho sbagliato tante volte ormai che lo so già
che oggi quasi certamente
sto sbagliando su di te
Ma una volta in più che cosa può cambiare
nella vita mia
Accettare questo strano appuntamento
è stata una pazzia...
Ornella Vanonis Stück klingt aus dem Radio des offenen englischen Sportwagen im klassischen Racing-Green. Seine Frau schmiegt sich während der Fahrt durch die Serpentinen des Comer Sees zum Feriensitz der Familie Lush in die cognacfarbenen Ledersitze des Zweisitzers. Der hin und wieder aufheulende Motor untermalt die Atmosphäre des feuchten Traums eines jeden narzisstischen Kapitalisten. Herr Lushs volles Haar weht im Wind und sein tabakbrauner zweiteiliger Leinenanzug, blaues Leinenhemd und die tickende, ovale Katek wirken wie die Insignien eines Königs.
Doch der Motor fängt auf einmal zu pfeifen, Lushs Frau verschwindet und Ozelot Olivier steht mit Schürze, Ofenhandschuh und Bialetti vor ihm auf seinem heruntergekommenen Küchentisch. Dein morgendliches, koffeinhaltiges Heißgetränk ist fertig, flüstert der Ozelot mit - bewusst übertriebener - mütterlicher Anmut.
Nach einigen Schlücken Kaffee im Fensterrahmen lehnend lässt sich Lush zu einem Danke, Olivier... hinreißen. Es war eine durchzechte Nacht für Herrn Lush, die damit endete, dass er gegen vier Uhr morgens am Küchentisch im mit Champagner bekleckerten Smoking einschlief. Olivier konnte und wollte er nicht in den Reform Club mitnehmen. Den eloquenten und ständig besser wissenden Ozelot kann er manchmal nicht ertragen. Sein egoistisches Verhalten bereut Herr Lush aber eigentlich mit jedem Schluck Kaffee mehr. Olivier ist Lush für die Befreiung aus der Gefangenschaft auf Lebenszeit dankbar, nur an Lushs Wohlergehen interessiert und versucht über die Diskussion, ihn zu einem glücklicheren Leben zu führen... Lush sind die guten Absichten des provokativen Ozelots bewusst.
Du hast wieder einen Deiner Träume gehabt, die Dich unglücklich machen, richtig?, fragt der Ozelot. Herr Lush nickt bestätigend und blickt ein wenig beschämt aus dem Fenster.
Warum fängst Du nicht an, Deine eigenen Träume zu schaffen, zu träumen und zu leben und Dich von dem Wunsch Deines "Publikums" zu lösen? Herr Lush weiß, dass das Tier Recht hat. Immerzu fühlt er sich von den eleganten Träumen seines Standes und den nuanciert präsentierten Machtinsignien angezogen, wohlwissend dass er diese - trotz seiner mehr oder weniger privilegierten Herkunft - ob seines fehlenden Fleiß nie erreichen wird.
Was soll ich denn Deiner Meinung tun? Wo soll ich anfangen?, kommt aus dem Mund mit Kaffeebouquet.
Olivier zwinkert - wie es eben nur Ozelots können - und antwortet: An der Wurzel.
So soll es sein, murrt Lush, kippt den letzten Schluck Kaffee und schreitet großen Schrittes zur Dusche.
... Hört, wir singen Jubellieder
Hört, welch Wunder heut geschah! ... wird von Olivier angestimmt. MM