Endlich Montag: 7-Tage Woche

Endlich Montag: 7-Tage Woche

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Köln, 8. Dezember 1968. Eine hervorstechende Eigenschaft einer Republik ist, dass niemand in den Adelsstand erhoben werden kann. Folglich schafft sich die Bevölkerung andere Wege, um Gleiche unter Gleichen ungleicher zu machen. Das geschieht zwar subtiler, jedoch mit den gleichen Konsequenzen. Ablesen lässt sich das Ganze an Einladungen ins sonntägliche Vormittagsprogramm der ARD – ein Auftritt in der dortigen Gesprächsrunde kommt dem Ritterschlag gleich. Bald dürfte es losgehen für mich und fünf weitere Journalisten aus vier Ländern.

Ich habe gut gefrühstückt, denn der Sendung eilt ihr Ruf voraus: Kaum angekommen nehme ich hastig einen großen Schluck Weißwein – zur Beruhigung der Nerven – bevor die erste Frage gestellt wird. Für eine schnelle Zigarette reicht es auch, um mir die allerletzte Sicherheit zu geben. Eigentlich gibt es keinen Grund zur Sorge, denn mein Schneider hat bereits dafür gesorgt, dass das Nervenkostüm eher eine Nervenrüstung ist. Ich sitze in einem Meisterstück konservativer Schneiderkunst im Studio: ein Einreiher mit hohem Schließknopf und langen Rockschößen, der die – eigentlich nicht mehr ganz so schmale – Taille und die Schultern betont. Mehr 'flexible response' als 'massive retaliation' – um auch gleich das heutige Thema zu setzen.

Da die Jacke nur einen einzigen Mittelschlitz und zwei Leistentaschen hat, stehen Schnitt und Tuch im Vordergrund – ästhetisches Abrüsten sozusagen. Marineblau und Hellblau mischen sich in einer feinen Nailhead-Webart zu einem strahlenden Blauton. Das 400 Gramm schwere Tuch von H. Lesser besticht durch seine dichte und feine Webarbeit. So entsteht ein außergewöhnlich fester und luxuriöser Griff. Die Hose ist hochgeschnitten, hat aber ausnahmsweise weder Bundfalten noch Umschläge. Passend zu den Proportionen der einreihigen Jacke ist sie etwas schmaler und kürzer als bei meinen doppelreihigen Anzügen.

Nach den üblichen Aufwärmfragen durch den kahlen Moderator kommt langsam Stimmung auf. Gleichzeitig schlägt der Weißwein an, sodass ich dem französischen Kollegen – der im dichten Qualm kaum noch zu erkennen ist – das erste Mal in die Parade fahre. Nach einigen Minuten des Tumults schlägt der Moderator eine andere Richtung ein und beruhigt die Lage vorerst.

Bevor die aufflammenden Fronten von links und rechts auch bei der nächsten Frage wieder aneinander geraten, habe ich kurz Zeit, meine Hemdenwahl zu erwähnen. Das äußerst smarte Multistripe-Hemd aus hellblauen, dunkelblauen und roten Streifen hat einen langen Kent-Kragen und ebenfalls recht lange Cocktail-Manschetten mit drei Knöpfen und eckigem Abschluss.

Das kräftige Dunkelblau des Anzugtuchs beißt sich zwar leicht mit meinen vielen dunkelblauen Krawatten, sieht dafür aber umso besser aus zu Grau, Rosa oder Bordeaux. Ich habe mich heute für eine rote Jacquard-Krawatte von Charvet entschieden, um farbliche Zuordnungen zu vermeiden – Sie wissen schon: die alte Weltordnung. Dazu neutrale Cap-toe Oxfords in schwarz von Herrn Leonard Kahlckes Vorfahren.

Nach einem weiteren Zusammenstoß der Kollegen am äußeren Rand des Debattier-Tresens schenkt uns die Bedienung ein weiteres Glas Wein ein – langsam verstehe ich das Konzept. Mit letzter Kraft wehre ich die ein oder andere Attacke ab und als der kahle Moderator die Runde für beendet erklärt, fühle ich mich endgültig in den Stand des journalistischen Adels erhoben. JoLo/YS/MM

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