SILVER SCREEN REVISITED — Wall Street (1987)

SILVER SCREEN REVISITED — Wall Street (1987)

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Wall Street habe ich schon dutzende – nein, eher hunderte – Male gesehen. Angefangen hat es mit mehreren Kinobesuchen im Herbst 1987 (zufälligerweise mein erstes Studienjahr), dann auf VHS, DVD und heute digital. Wall Street ist schlichtweg einer der besten und stilvollsten Filme überhaupt. Auf den meisten Lieblingsfilm-Listen von Enthusiasten der klassischen Herrenmode rangiert Wall Street ganz weit oben. Lassen Sie mich erklären, weshalb mir dieser Film so sehr gefällt.

Stil und Setting sind die ersten beiden Dinge, die mir in den Sinn kommen, wenn ich an Wall Street denke: Der New Yorker Finanzdistrikt in Lower Manhattan, die dunklen Anzüge, elegante Hemden und Krawatten – was braucht es mehr für ein gelungenes Set? Darüber hinaus hatte ich zu dieser Zeit gerade erst begonnen, eine Begeisterung für die klassische Herrenmode zu entwickeln. Wall Street hat mir damals, als Teenager, der in einer kanadischen Kleinstadt aufwuchs, die Augen geöffnet!

Schon die erste Viertelstunde des Films packte mich. Es dauert jedoch eine Weile, bis der Zuschauer die Hauptfigur, und eines meiner stilistischen Vorbilder, kennenlernt. Gordon Gekko, gespielt von Michael Douglas, entpuppt sich im Laufe des Films als widerlicher, bösartiger Mensch – aber welch ein Auftritt! Ich wollte mich genauso kleiden wie er. Ich war begeistert und bin es, nach über 30 Jahren, jedes Mal wieder, wenn ich den Film sehe.

Wie genau ist Gekko also gekleidet? In seiner allerersten Szene trägt er ein blassblaues Hemd aus Oxford-Stoff mit weißem Kragen, hochgekrempelten Ärmeln und dazu navyfarbene Hosenträger mit hellblauen vertikalen Streifen. Der Hemdkragen ist ein halber Cut-Away (vergleichbar mit einem Regent-Kragen von T&A). Dazu kombiniert er eine weinrote Krawatte mit blauen Medaillons, eine leicht angewinkelte Krawattennadel, eine goldene Uhr von Cartier und, am kleinen Finger seiner rechten Hand, einen goldenen Siegelring.

In Vorbereitung auf diesen Artikel habe ich massenhaft Notizen zu den stilistischen Highlights des Films angefertigt. Ein komisches Gefühl, einen Film mit Stift und Zettel in der Hand zu schauen. Ich möchte Sie nicht mit all den Einzelheiten langweilen, die mir aufgefallen sind, aber hier kommen ein paar Auszüge:

  • Mein absolutes Lieblingsstück aus Gekkos Garderobe ist ein weißes Hemd mit horizontalen (!) blauen Streifen. Es gefällt mir so unfassbar gut, weil die Streifen schmal sind, der Abstand zwischen ihnen ist nicht zu groß und sie variieren farblich zwischen Navy- und Royalblau. Es wird aber noch besser: In Kontrast zum restlichen Hemd sind die Streifen auf dem Kragen und den Manschetten vertikal angeordnet – ein brillantes Detail!
  • Wir bleiben bei den Hemden: Gekko trägt sie besonders gerne mit kräftigen Streifen oder Mustern. Zu Beginn des Films ist er in einem sehr schönen Hemd mit kleinem rosafarbenen Gingham-Muster zu sehen. Kragen und Manschetten sind meistens – aber nicht immer – kontrastierend.
  • Ein Lieblingsaccessoire aus Gekkos Garderobe ist eine navyblaue Krawatte mit kleinen weißen Punkten, die universell einsetzbar ist und zu all seinen wunderschönen Anzügen passt.
  • Jetzt zu seinen Anzügen: Da gibt es eine schöne Auswahl aus Nadelstreifen, Windowpane und unifarbenen in grau und navy. Ob Ein- oder Zweireiher, mit fallendem oder steigendem Revers – alle sind hervorragend geschnitten.
  • Auch die Hosen lassen nichts zu wünschen übrig: Sie sitzen hoch, haben tiefe, nach innen gerichtete Bundfalten und werden ausschließlich mit Hosenträgern getragen.

Es wäre ein Frevel, an dieser Stelle kein Wort über Alan Flusser zu verlieren, der für das Kostümdesign zuständig war. Dank Flussers Genialität und seinem legendären Gespür für Stil wurde Gekko zur Ikone und Alan Flusser zu einem vertrauten Namen unter Fans der klassischen Herrenmode.

Mal angenommen, Gekko käme zu uns in die Bleibtreustraße – wie würden wir ihn einkleiden?

Viel würden wir wahrscheinlich nicht ändern. Flussers Entwürfe sind so zeitlos und elegant, dass das auch gar nicht nötig wäre. Ein paar Vorschläge hätten wird dennoch... Ein Zweireiher mit Nadelstreifen von Holland & Sherry im Hausstil à la Mogg würde Gekko bestimmt fantastisch stehen. Vielleicht auch ein Einreiher mit einem einzigen – nach unserem Geschmack – hoch positionierten Knopfloch? Dazu ein Hemd in rosa mit Kontrastkragen, unserer langen Doppelmanschette und Gekkos gepunktete, navyblaue Krawatte. Das wäre ein fantastisches Outfit und zugleich eine Hommage an Flusser! Jetzt fehlen nur noch ein Paar erstklassige Schuhe. Hierfür würden wir ihm unseren guten Freund Leonard Kahlcke empfehlen. Gekko würde vermutlich zu schwarzen Loafern mit Quasten tendieren – wir bestehen auf schwarze Oxfords!

Zum Abschluss wieder eine persönliche Anekdote. Als Gekko zu Beginn des Films das erste Mal den jungen Broker Bud Fox (gespielt von Charlie Sheen) trifft, zum Mittagessen im 21 Club, rät er seinem Protegé, einen vernünftigen Anzug zu bestellen. Gekko empfiehlt Morty Sills. Erst zehn Jahre nach Veröffentlichung des Films stellte ich fest, dass Morty Sills tatsächlich ein hervorragender New Yorker Schneider war. So hatte ich die große Ehre, einige Mitglieder seiner Familie kennenzulernen, mit denen ich noch heute befreundet bin. Morty war bedauerlicherweise bereits verstorben, als ich seine Nichten, Neffen und den Rest der Familie kennenlernte. Oh, wie sehr ich mich nach einer Unterhaltung mit Morty (und seinem Bruder Herb, der bei Brooks Brothers Ruhm erlangte) sehne.

Was für ein Glück, dass Morty Sills' Geist in seinen Entwürfen weiterlebt, und dass wir sie beim Schauen von Wall Street wieder und wieder bewundern können. Egal, ob Sie den Film zum ersten oder zum hundertsten Mal sehen würden, jetzt haben Sie die Zeit! BTWB/YS/MM/JHS

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