Everything's bigger in Texas

Everything's bigger in Texas

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Dallas, 14. April 1981

„Howdy, Partner!“ schallt es uns entgegen als der Mann, den wir in den nächsten Tagen gefälligst R.J. nennen sollen, uns die Hand reicht und dabei beinahe unseren Arm aus seinem Gelenk reißt. Mit bestimmendem Ton werden wir gebeten, in einem der monströsen braunen Ledersessel im 34. Stock eines schlichten Hochhauses in Downtown Dallas Platz zu nehmen. Sitzen wir zu Beginn noch kerzengerade in unserem Stuhl, machen wir es, nach dem Austausch einiger Höflichkeiten, R.J. gleich, lehnen uns zurück und schauen mit einem Auge aus der riesigen Fensterfront direkt neben uns hinab auf den Lone-Star-State. 

Grund für dieses – im Vergleich zu unserem höflich distanzierten Arbeitsumfeld im heimischen London – Kontrastprogramm auf der anderen Seite des Atlantiks, ist unser beiderseitiges Interesse am schwarzen Gold, mit dem diese überaus selbstbewussten Herren so reich beschenkt wurden. Nachdem wir bereits gute Bekanntschaften in Schottland gemacht haben und dort etliche Öl-Deals einfädeln konnten, dachte unser Chef wohl, dass wir genau der Richtige seien, um dem Konzern mit unseren texanischen Freunden weiterzuhelfen.

Den Einwand, man sei noch nie mit Lasso auf die Jagd gegangen, ließ er ebenso wenig gelten wie das Argument, man habe gar keinen Fernseher und kenne sich dort folglich gar nicht aus. Mürrisch verließen wir an jedem Abend das Büro und schauten in Nadelstreifenanzug und Trenchcoat wehmütig der Bank of England entgegen, uns fragend, was uns in den Kolonien wohl erwartet. Mit dieser ethnologischen Frage im Gepäck suchten wir einen Experten auf, der sicherlich Antworten auf die dringendsten dieser Frage anzubieten hätte.

Im Verkaufsraum unseres Schneiders stehend, klärte er uns zunächst auf, dass unser Anzug aus Kammgarn nicht mit ins Gepäck kommen dürfte. Der nächste Tiefschlag. Stattdessen müsste diese leichtere Alternative ausreichen, um der texanischen Sonne zu trotzen. Skeptisch zu Beginn, verstanden wir ihn schlagartig, als wir zwei Autostunden entfernt von besagtem Büroturm – „um die Ecke“, wie R.J. meinte – vor einem gigantischen Feld zahlreicher Ölpumpen aus einem Pick-Up ausstiegen.

Mittlerweile sind wir mit unserem neuen Geschäftspartner richtig warm geworden und wir bilden uns ein, dass unser Schneider einiges damit zu tun. Denn auch wir tragen, wie unser Gegenüber, einen beigen Anzug, wohl gemerkt zu einem Geschäftstreffen. Niemals würde man jemandem damit Eintritt in die Square-Mile gewähren. Hier hingegen, mit großer Sonnenbrille auf der Nase, käme uns nichts passender vor. Zumal der Dreiteiler mit einem Texas-großem Revers, tiefen Schließpunkt, zwei langen Rückenschlitzen und Bundfalten nicht sehr von unserer üblichen Geschäftsrüstung abweicht.

Darunter tragen wir ein überwiegend weißes Popelin-Hemd von Thomas Mason. Das frische Weiß wird durch die feinen hellblauen Streifen in seiner Schärfe ein wenig gebrochen und bildet so einen weicheren Kontrast zum Tuch des Anzugs. Es hat passend zum weniger formellen Anzug eine trotzdem durchaus elegante Dreiknopfmanschette. Hinsichtlich der Krawatte haben wir uns wiederum – im Sinne einer gelungenen Integration in die texanische Geschäftswelt – für eine Regiments-Krawatte in kräftigem Rot und Marineblau entschieden. Nicht nur, dass wir diese Farbkombination über alles lieben, es scheint darüber hinaus so, als ließen wir auf subtile Art und Weise von uns gewonnene Inspiration der allgegenwärtigen Staats- und Landesflaggen in unsere Kleiderwahl einfließen. Cowboy-Stiefel tragen wir aber auch am Ende unserer Abenteuers nicht.

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