Endlich Montag – Vive l'amitié

Endlich Montag – Vive l'amitié

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Paris, 9. Oktober 1962. Es knirscht gewaltig, als unser schwerer schwarzer Mercedes auf dem weißen Kies des Quai d’Orsay vorfährt. Hoffentlich kein schlechtes Omen. Denn unserer ganzen Delegation ist bewusst, welch historische Chance vor uns liegt. Das zeigt schon die sandsteinerne Fassade des Außenministeriums, die sich vor uns so imposant am Ufer der Seine entlangzieht. Nur wenige Deutsche haben dieses Gebäude in friedlicher Absicht betreten. Als der Fahrer die Handbremse quietschend festzieht, tauschen alle Anwesenden noch einmal einen langen Blick aus. Dann geht die Tür auf: die Außenminister begrüßen sich und ihre Assistenten – wie ich – schauen aus dem Türspalt die Fassade hoch und schlucken. Hohes diplomatisches Parkett.

Mit einem tiefen Atemzug ziehe ich meine Jacke an. So wie jede Sekunde dieses entscheidenden Tages, ist auch jedes Detail meines heutigen Anzugs akribisch geplant. Tagelang habe ich über die diplomatische Wirkung von Knöpfen und Bundfalten nachgedacht. Denn: In welchem Anzug schließt man Freundschaft? Es musste ein Anzug her, der strengstes Understatement verkörpert. Aufdringliche Zurückhaltung sollte das heutige Motto sein.

Zielsicher zeigte mir mein Schneider dieses Pin-Dot-Stripe-Tuch von Holland & Sherry. Das feine Kammgarn hat einen festen und zugleich feinen Griff. Mit dem Gewicht von 370 Gramm fällt es wunderschön, ist langlebig und perfekt geeignet für das grau-nasse Pariser Herbstwetter. Die Farbe trifft genau das, was wir suchen. Das Blau ist wunderbar elegant, aber es ist kein düsteres Marineblau, sondern etwas heller und leuchtender, was einen freundlicheren Eindruck macht. Der Grauton der feinen Streifen hält das Tuch dagegen tief seriös. Diese besonderen Streifen – eigentlich sind es gepunktete Linien – sind auffällig genug, um dem Tuch etwas Leben zu geben, aber dennoch dezent genug, um nicht zu aufdringlich zu wirken.

Die Jacke ist einreihig und hat drei Knöpfe. Dadurch entsteht – untypisch für uns – ein nicht ganz so dynamischer Eindruck, sondern ein etwas konservativerer. Aber so wichtige Verhandlungen, in denen es um die Zukunft Europas geht, bieten keinen Platz für überbordende Selbstdarstellungen. Im Gegenteil: Dieser Anzug strahlt aus, dass ich auf jede denkbare Situation perfekt vorbereitet bin und mich so voll und ganz auf die Verhandlungen konzentrieren kann.

Aus guten Gründen habe ich dazu eine einreihige Weste mit fünf Knöpfen gewählt. Im Wagen und zu späterer Verhandlungsstunde wahre ich so immer eine gute Figur, auch wenn in heißen Verhandlungsrunden die Jacke einmal abgelegt werden muss. Allein schon aus dem Grund, dass die Weste meine Hosenträger verdeckt. Dazu modelliert eine Weste auch den Körper und bietet ein stimmiges Erscheinungsbild von Kopf bis Fuß. Außerdem erwarten wir in dem schönen, aber betagtem, Bau des französischen Außenministeriums keine Glanzleistung der Heizungsanlage.

Die Hose hat zwei Bundfalten, um ihr etwas mehr Volumen zu geben und so einen flüssigen Übergang von Weste zu Hosenbein zu schaffen. Dasselbe gilt für die Umschläge: Sie verbinden den Anzug mit den schwarzen Cap-Toe-Oxfords unseres Freundes Korbinian Ludwig Hess.

Das Hemd und die Krawatte dürfen bei so vielen Streifen nur noch eine Nebenrolle spielen. Das tiefblaue Popeline-Hemd von Thomas Mason hat einen einfachen Kent-Kragen und Umschlagmanschetten. Dazu passt eine dunkelblaue Krawatte unauffälliger Musterung. Die noch elegantere schwarze Eton-Krawatte müssen wir leider unseren englischen Kollegen überlassen. So finden wir aber ganz nebenbei noch neue Freunde. JoLo/MM/YSfür die Umschläge der Hose in Bezug auf den Übergang zu den schwarzen Cap-Toe-Oxfords unseres Freundes Korbinian Ludwig Hess.Das Hemd und die Krawatten dürfen bei so viel Streifen am heutigen Tage nur noch eine Nebenrolle spielen. Das tiefblaue Popeline-Hemd von Thomas Mason hat einen einfachen Kent-Kragen und Umschlagmanschetten. Dazu passt eine dunkelblaue Krawatte unauffälliger Musterung. Die noch eleganter wirkende schwarze Eton-Krawatte müssen wir leider unseren englischen Kollegen überlassen. Dafür haben wir vielleicht neue Freunde gefunden.

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