The Mad Tailor: Was ist eigentlich Drape und wofür ist das gut?

The Mad Tailor: Was ist eigentlich Drape und wofür ist das gut?

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Drape? Was ist denn das?  Es handelt sich – Gott sei Dank – erst mal nicht um Drake – den Rapper.  Auch ist es keine herzhafte Art von englischen Pfannkuchen. Auch dafür ein Dankeschön.  Worum geht es denn nun?  So viel sei verraten: Es geht um einen Begriff aus dem Schneiderjargon und einen konkreten englischen Look, den auch wir als Haus Maximilian Mogg verfechten – den Drape Cut.  Dabei wird der Frankophile gleich einwerfen:  "Drape? Das kommt doch dann sicherlich von drap, dem französischen Wort für Stoff!"  Gar nicht mal so falsch. Aber lassen wir doch den Mad Tailor mit seinem Schnellboot über die Spree zu uns düsen und es uns erklären.

Herkunft des klassischen English Drape

Erfunden wurde er vom Holländer Frederick Scholte – so sagt man zumindest –, dem Lehrmeister von Mr Anderson & Mr Sheppard, den Gründervätern des berühmten Schneiderhauses Anderson & Sheppard (mehr dazu in unserem Artikel über Anderson & Sheppard).  Drape beschreibt im Schneiderjargon eine Art und Weise, wie die Jacke von den Schultern und der Taille fällt.  Den klassischen englischen Drape-Schnitt kann der Laie an vertikalen Linien in der Brustpartie erkennen; genauso wie im Bereich der Schulterblätter.  Die englischen Fachmänner nennen das Fullness – sprich zu viel Stoff; der frankophile Herr lag also gar nicht so falsch.  Außerdem wird bei einem Dragee Cut die Taille sehr schmal geschnitten, was die Brust noch voluminöser wirken lässt.  Darüber hinaus besticht der Rock meist durch Überweite, um die schmale Taille noch stärker zu akzentuieren.  Diese Schnittphilosophie ging meist mit einer überschnittenen Schulter einher.  Das Resultat ist ein lockerer, sehr bequemer Schnitt mit dem Ziel, den Träger maskuliner und athletischer wirken zu lassen.  Historisch betrachtet eine wahnsinnige Neuerung in England – die meisten Schneiderhäuser orientierten sich bis dahin an militärischen Schnittlinien.  Ich persönlich empfinde einen historischen English Drape tatsächlich fast ein wenig affektiert, weil er für das heutige Zeitverständnis zu sehr skulpturiert.  Ich betrachte ihn als extreme Gegenbewegung eines Civilian Tailors gegenüber einem Militärschneider – also fast ein gekonntes Marketing-Manöver.  Mein Urgroßvater – Uniformschneider seines Zeichens – würde mir stolz auf die Schulter klopfen – so hoffe ich doch zumindest.

Der klassische English Drape - mit viel Überweite im Brustbereich, einer hohen, engen Taille, stark überschnittener Schulter und weit ausgestelltem Rock.

Die ästhetische Weiterentwicklung: Der London Lounge

Der London Lounge oder London Cut hat im Gegensatz zum klassischen English Drape weniger Fullness im Brustbereich.  Der Laie sieht das an einer vertikalen Linie im äußeren Bereich der Brust – quasi kurz, bevor die Brust in den Ärmel eintaucht. Die Schulterlinie ist näher am Körper – obgleich der Neapolitaner behaupten würde: "Immer noch zu weit!". Auch der Schließknopf sitzt beim London Lounge tiefer als beim Drape.  Die Silhouette wirkt eleganter und zeitgemäßer – weniger pompös und vielleicht auch weniger affektiert (persönliches Statement).  Der Rock liegt durch den tieferen Schließknopf auch näher am Körper an.

Der London Cut: Ein Stil mit traditionell tieferem Schließknopf, schmaler anliegendem Rock und Drape im äußeren Brustbereich.

Der #smexydecodrape

Somit kommen wir schnurstracks zu unserem Hausstil: Dem smexy-Deco-Drape.  Eine Chimäre aus militärischem Stil im Rücken und London Lounge in der Front – mit den pompösen Details des Art Deco.  Auch wir überschneiden die Schulter leicht. Die Brust ist ebenfalls etwas weiter.  Durch unseren tiefen Schließknopf kommen wir auf einen weniger stark ausgestellten Rock. Zum Fazit:  Alles, was in der klassischen Herrenobergarderobe existiert, wurde von keinem erfunden.  Was die klassische Herrenoberbekleidung lässt nur persönliche Interpretationen einer seit gefühlten Ewigkeiten existierenden Formsprache zu.

Der klassische #smexydecodrape: Schmale, aber nicht enge Taille mit tiefem Schließknopf auf der natürlichen Taille, leicht ausgestelltem Rock, leicht überschnittener Schulter und ein wenig Drape im äußeren Brustbereich. Stoff: Prince-of-Wales mit pinkem Überkaro von Fox Brothers.

Colorandi causa

Erstens, da Hemdenmacher und Schneider in der Vergangenheit miteinander immer zusammengearbeitet haben, darf es nicht verwundern, dass auch ein englisches Hemd mehr Drape in der Brust hat, als ein stereotypisch neapolitanisches.  Das Hemd musste mit der Jacke funktionieren.  Deshalb sind weite Maßhemden erst mal nichts Verkehrtes, nur weil wir unserem modernen Verständnis nach – geprägt von Bildern einer körpernahen Konfektionswelt – weite Hemden als unchic empfinden.  Zweitens, wir sind keine Diktatoren, wenn es um unseren Hausstil geht.  Wir haben sowohl Kunden, die unseren Drape als nicht ausgeprägt genug empfinden, als auch solche, die sich eher nach einer cleaneren Linie sehnen. Beiden Wünschen wird stets entgegengekommen und so sieht dann doch jede Jacke ein wenig anders aus – denn auch denen, die keine Präferenz kommunizieren, schneiden wir eine auf ihren Körper angepasste Jacke: sprich, denen mit weniger Brust eine mit etwas mehr Drape und denen mit Schwimmerbrust eine weniger voluminöse. MM/JHS

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