Ob Savile Row, Jermyn Street, St. James' Street oder Bond Street: All diese kleinen Strassen im Londoner Bezirk Mayfair sind weltweit bekannt. Der Gentleman von Welt erwirbt hier seine Anzüge, seine Hemden, seine Hüte und den Schmuck für seine Liebste. Sicherlich kann die Faszination für dieses Flair nicht jeder direkt nachvollziehen, denn viele meiden aufgrund anderer Prioritäten die Strassen und begeben sich lieber zur Tower Bridge, dem Piccadilly Circus oder dem Buckingham Palace, wenn Sie Englands Hauptstadt bereisen. Das ist mehr als schade, denn das Handwerk wird nur an wenigen Ecken des Globus so wertgeschätzt wie dort.
Meine Begeisterung für das sartoriale London
Ein handgenähter Anzug benötigt in der Herstellung nicht weniger als 52 Stunden Handarbeit und bedarf mindestens drei Anproben mit dem Kunden. Meist müssen diese mindestens drei Monate - wenn nicht sogar noch länger - auf Ihr Meisterstück warten. Diese lange Zeit, die es braucht, ein Stück Handarbeit sein Eigen zu nennen, steht im krassen Kontrast zum gegenwärtigen Verständnis von "kundenfreundlichem" Service und kurzfristigen Modetrends. Meiner Ansicht nach ist dieser Unterschied der Luxus des heutigen Zeitalters, den sich keiner mehr gönnen möchte: Zeit. Die Zeit mit dem Schneider zu besprechen, wie man seinen Körper und seinen Charakter in der Kleidung am besten widerspiegelt, "kann" sich heute keiner mehr nehmen. Jedoch ist das selbstständige Meistern seiner Zeit ein Wahrzeichen eines jeden Gentlemans. Aber nicht nur wegen dieser philosophischen, auf einige Leser vielleicht antiquiert wirkenden Annäherung, sich den finanziell doch teuren Spass schönzureden, liebe ich die Savile Row: Mit der goldenen Meile der Schneider assoziiere ich sowohl die britisch-königlichen Werte wie Tradition, Kontinuität, Loyalität, Diskretion und die Vorliebe für Qualität als auch den britischen Humor und die Selbstironie der Inselbewohner.
Stationen in London
Um die Begeisterung für das britische Handwerk auch bei anderen zu wecken, werde ich nächste Woche London besuchen und mich mit den Verantwortlichen der jeweiligen Häuser treffen. Die Reise können Sie auf meinem Instagram-Account verfolgen. Treffen sind vereinbart mit den beiden großen Schneiderhäusern der Savile Row Dege & Skinner und Gieves & Hawkes, James Bonds Hemdenmacher Turnbull & Asser, dem königlichen Hutmacher Lock & Co., den beiden grossartigen Schuhmanufakturen Gaziano & Girling und George Cleverley und natürlich dem (für mich) größten Schneider aller Zeiten, Edward Sexton in Knightsbridge.
Zusatzinformationen
London ist groß und die Schneiderlandschaft endlos, meine Zeit jedoch - leider Gottes - limitiert. Falls ich die Lieblingsstationen oder die Geheimtipps einiger Leser ausgelassen habe, freue ich mich über eine kurze Nachricht und werde die Station versuchen, bei meiner nächsten Reise nach London einzubauen. MM